23 Apr Gemeinsame Jahrestagung der Zeitungsverlegerverbände VSZV und VBZV in Sonthofen
Sonthofen (dpa) – Zur Stärkung der Zeitung als journalistisches Medium haben Verleger die Politik zu einem raschen Abbau von Wettbewerbsnachteilen aufgefordert. So brauche es etwa Erleichterungen für Zusteller, teilten die Zeitungsverlegerverbände von Bayern und Baden-Württemberg am Montag in Sonthofen im Allgäu mit. Wegen der Kosten durch den Mindestlohn sehen viele den Zeitungsvertrieb bedroht und eine flächendeckende Auslieferung der Zeitungen in Gefahr. Eine Lösung könne es sein, die Zustellung als haushaltsnahe Dienstleistung einzustufen und die 450-Euro-Grenze für Minijobs anzuheben. Den Zeitungsverlegern machen seit Jahren sinkende Auflagen zu schaffen. Bundesweit lag der Rückgang 2017 bei 3,9 Prozent im Vergleich zur Auflage von 2016.
Die Verbandsvorsitzenden Andreas Scherer (Bayern) und Valdo Lehari jr. (Baden-Württemberg) riefen zudem die EU-Politik auf, das «unfaire Treiben» von Internetriesen wie Google und Facebook zu beenden. Dazu müsse etwa das EU-Parlament ein europäisches Urheberrecht verabschieden, sagte Scherer als Vorsitzender des Verbandes Bayerischer Zeitungsverleger (VBZV). «Die Unkultur des Kostenlosen ist unser Fluch», betonte Lehari jr. als Vorsitzender des Verbandes Südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSZV).
Die Verbandschefs kritisierten auf ihrer gemeinsamen Jahrestagung, dass die digitalen Plattformen im Internet sich bisher weigerten, für die Nutzung fremder und wertvoller Verlagsinhalte Geld zu bezahlen. Schon seit Jahren machen die Verlage Druck auf die Politik, ihre Lage zu verbessern. Sie argumentieren damit, dass Zeitungen mit viel Aufwand und Geld regionale journalistische Inhalte produzieren.
Insbesondere durch die globalen Internetkonzerne sehen sie sich aber im Nachteil auf dem digitalen Markt. Ein Urheberrecht könne es den Verlagen ermöglichen, für die Nutzung ihrer Inhalte im Internet Gebühren zu verlangen, sagte Lehari jr. Er ist auch Vizepräsident des Europäischen Zeitungsverlegerverbandes (ENPA). Dass die Monopolisten im Internet heute ohne Verantwortung agierten, zeigten aus Sicht der Verlage auch der Daten-Skandal bei Facebook sowie das Ausnutzen von Steuervorteilen.
Nach Darstellung von Lehari jr. gibt es insgesamt 40 zentrale Themen, die die Zeitungsverlage beschäftigen. Sie kämpfen an vielen Fronten:
So wehren sie sich dagegen, dass der gebührenfinanzierte öffentlich-rechtlichen Rundfunk presseähnliche Angebote im Internet anbietet.
Zudem beklagen sie einen unfairen Wettbewerb durch kommunale Amtsblätter mit redaktionellen Inhalten und kostenlose Anzeigenportale der öffentlichen Hand. VSZV-Chef Lehari jr. kritisierte, dass die Blätter und Online-Portale fast schon den Charakter von Lokalzeitungen hätten. «Die Inhalte gehen weit über die staatliche Informationsaufgabe einer verwaltungsbezogenen Berichterstattung hinaus», sagte er. Deshalb bedrohten sie die Geschäftsgrundlage von Zeitungen.
Die Zeitungen in Baden-Württemberg haben zwar im vergangenen Jahr weiter an Auflage verloren, schneiden aber einmal mehr besser ab als der bundesweite Branchendurchschnitt.
Die verkaufte Auflage der lokalen und regionalen Abonnementzeitungen im Südwesten lag Ende 2017 bei 1,75 Millionen Exemplaren. Das waren 2,65 Prozent weniger als Ende 2016, wie aus Daten des Verbandes Südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSZV) hervorgeht. Bundesweit lag der Rückgang bei 3,9 Prozent
Auch auf dem Werbemarkt stehen die Zeitungen unter Druck. Die Zeitungsverleger sind trotzdem zuversichtlich. Denn laut einer Studie erreichen sie mit ihren Printausgaben und Digitalauftritten 87 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung.
Der Netto-Anzeigenumfang verringerte sich 2017 im Südwesten nur leicht um 0,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Typisch für Baden-Württemberg ist die mittelgroße Heimatzeitung mit einer Auflage zwischen 10 000 und 25 000 Exemplaren. Auf eine Auflage von 125 000 kommen insgesamt 3 Verlage im Land.
Im VSZV sind insgesamt 50 Unternehmen Mitglieder mit einer Auflage von täglich 1,75 Millionen Exemplaren organisiert.