13 Jul VSZV-Jahrestagung und kontroverse Podiumsdiskussion
Amtsblätter dürfen Zeitungen keine Konkurrenz machen. Der Bundesgerichtshof hat den kostenlos verteilten Publikationen der Kommunen klare Grenzen gesetzt. Doch der Streit wurde damit nicht beendet.
Die baden-württembergischen Zeitungsverleger wollen ihren jahrelangen Streit mit Städten und Gemeinden um kommunale Amtsblätter beilegen. Das vereinbarten sie am 13. Juli 2021 bei ihrer Jahrestagung in Stuttgart mit dem Präsidenten des Städtetags, Peter Kurz (SPD), und dem Innenstaatssekretär Julian Würtenberger (CDU). Bei einem Vermittlungsgespräch im Innenministerium soll es im Oktober um strittige Fälle gehen, in denen Kommunen mit presseähnlichen Publikationen den Zeitungen wettbewerbsverzerrende Konkurrenz machen.
V.l.: Julian Würtenberger, Peter Schneider, Tilmann Distelbarth, Dr. Peter Kurz, Stefan Lutz (Moderator und Chefredakteur des Südkuriers). Foto: WEC/VSZV
Der Verleger der Heilbronner Stimme, Tilmann Distelbarth, verwies auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs, das von manchen Kommunen missachtet werde. Kurz hielt dagegen: „Wir machen keine Presse, und wir wollen auch keine Presse machen.“ Auch aus Würtenbergers Sicht gibt es keine flächendeckenden Verstöße von Kommunen gegen die Interessen der Verleger.
Der BGH hatte im Dezember 2018 in einem Urteil zum Crailsheimer Amtsblatt entschieden: „Unzulässig ist eine pressemäßige Berichterstattung über das gesellschaftliche Leben in der Gemeinde; dieser Bereich ist originäre Aufgabe der lokalen Presse und nicht des Staates.“ (Az. I ZR 112/17)
Der Mannheimer Oberbürgermeister Kurz wies in der Gesprächsrunde den Vorwurf zurück, Kommunen wollten mit ihrer eigenen Pressearbeit eine kritische journalistische Berichterstattung umgehen: „Es gibt kein Interesse, die Presse zu schwächen.“ Wer eine Zeitung abonniere, gehe in der Regel auch zur Wahl. Daran habe die Politik ein Interesse, betonte Kurz. Aber immer mehr Bürgerinnen und Bürger erwarteten von ihren Städten Informationen auf allen Kanälen. „Die Informationslast ist deutlich gestiegen.“
Der Verband Südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSZV) stellt in seinem neuen Jahresbericht fest: „Die Amtsblattproblematik erscheint zwischenzeitlich nicht nur in gedruckter Form, sondern zunehmend auch im digitalen Bereich.“ Der Verband sieht auch öffentlich-rechtliche Institutionen wie Sparkassen und Industrie- und Handelskammern in der Pflicht, auf presseähnliche Publikationen zu verzichten. Den Sparkassen gehe es um Kundenbindung, nicht um Konfrontation mit den Medien, erklärte Baden-Württembergs Sparkassenpräsident Peter Schneider.
Der Verleger des „Reutlinger General-Anzeigers“, Valdo Lehari jr., wurde als VSZV-Vorsitzender wiedergewählt. Er leitet den Verband seit 20 Jahren und ist damit der dienstälteste Zeitungsverlegerchef in Deutschland. Die Auflagen der Tageszeitungen im Südwesten liegen bei 1,6 Millionen Exemplaren. (dpa)