Interview mit Valdo Lehari: Politik muss für Verlage endlich handeln | VSZV Verband Südwestdeutscher Zeitungsverleger e.V.
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Interview mit Valdo Lehari: Politik muss für Verlage endlich handeln

Interview mit Valdo Lehari: Politik muss für Verlage endlich handeln

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Der Verband der Zeitungsverlage im Südwesten sieht auch unter der neuen Bundesregierung keine Signale für mehr Unterstützung der Branche. Die Politik müsse «endlich handeln», forderte Verbandsvorsitzender Valdo Lehari im Interview mit Roland Freund (Deutsche Presse-Agentur). Und er verrät, warum er nach Jahrzehnten der Lobbyarbeit noch nicht in Rente gehen kann.

Valdo Lehari in der baden-württembergischen Landesvertretung in Berlin anlässlich der Begrüßung zum Parlamentarischen Abend, 15. Mai 2025. © Emad Ette

Wie sind die Erwartungen Ihrer Branche mit Blick auf die neue Bundesregierung? Die von den Verlegerverbänden immer wieder geforderte Senkung der Mehrwertsteuer auf Presseprodukte steht zum Beispiel nicht im Koalitionsvertrag.

Valdo Lehari: Gibt es eine Steigerungsform von enttäuscht und frustriert sein? Meine klare Erwartung an die Bundesregierung: Auf dem Spiel steht in Deutschland und Europa ein funktionierendes Pressewesen. Das wird seit Jahren von uns beklagt. Man muss endlich handeln – auf Bundesebene und in Brüssel.

Wie schätzen Sie den künftigen Kultur- und Medienstaatsminister Wolfram Weimer ein? Er ist immerhin ein Medienmensch und Verleger.

Valdo Lehari: Es hat jeder eine Chance verdient. Wenn jemand Verleger ist, gehe ich mal davon aus, dass er ernst nimmt und weiß, was uns massivst beschäftigt und umtreibt.

Ihr Verband, der VSZV, hat auch mit der Landesregierung im Südwesten über mehr Unterstützung für Verlage gesprochen – was ist daraus geworden?

Valdo Lehari: Unser Alarmruf wurde inzwischen schon etwas mehr verstanden. Wir haben offene Türen beim Ministerpräsidenten, wenn es um die gesellschaftliche Bedeutung und wirtschaftliche Basis von hervorragendem Journalismus und um Zeitungsvielfalt geht. Die Frage wird sein: Wie viel Medienpolitik können wir mit dieser Landesregierung noch machen, da im Südwesten im Frühjahr 2026 Wahlen anstehen?

Sie kämpfen seit vielen Jahren auf EU-Ebene für die Anliegen der Branche, was erwarten Sie aktuell von Brüssel?

Valdo Lehari: Vor der Wahl von US-Präsident Donald Trump hätte ich gesagt: Die entwickelten Rechtswerkzeuge zur Kontrolle der großen Internet-Plattformen müssen dort verschärft werden, wo sie nicht durchgesetzt werden oder durchsetzbar sind. Jetzt hat sich mit Trump einiges geändert: Ich wäre schon mal froh, wenn diese Werkzeuge wie DMA, das Gesetz zu digitalen Märkten, und DSA, das Gesetz zu digitalen Services, nicht kaputtgemacht werden.

Wie steht es um den Streit mit der ARD um deren Texte im Netz? Welche nächsten Schritte gehen nun die Verleger?

Valdo Lehari: Ich glaube, dass die Ministerpräsidenten im neuen Staatsvertrag dokumentiert haben, dass es da ein Problem gibt mit dieser Presseähnlichkeit. Der Test wird jetzt sein: Wie wirkt sich das aus? Ändert sich die Handhabung? Fahren die Öffentlich-Rechtlichen ihre Aktivitäten zurück?

Ist die angekündigte Einstellung der umstrittenen «Newszone»-App des SWR für junge Leute aus Ihrer Sicht ein gutes Signal in diese Richtung?

Valdo Lehari: Das ist ein gutes Signal, wenn es nicht bei diesem einzelnen Signal bleibt. Das hängt von den ARD-Anstalten ab. Ich beobachte, dass ARD und ZDF für ihre Inhalte intensiv Social Media und die Plattformen nutzen und damit die Plattformen ohne Ende promoten. Eigentlich sollte der Rundfunkbeitrag ja für den Kern der Grundversorgung da sein. Immer mehr glaube ich, dass eigentlich die Zeitungen die Grundversorgung machen bei lokaler, nationaler und internationaler Berichterstattung.

Ihr bundesweiter Dachverband, der BDZV, ist gerade im Umbau und auf Sparkurs. Was muss aus Ihrer Sicht geschehen?

Valdo Lehari: Im Moment muss man einfach den Verband stabil halten nach dem Austritt von einzelnen Verlagen. In diesem Prozess gibt es sicher eine Fokussierung. Der Verband muss wieder so attraktiv werden, dass Häuser zurückkommen. Das ist noch nicht zu Ende. Wichtig ist aber, dass wir die Herausforderungen der Branche angehen und wir nicht mehr nur mit uns selbst beschäftigt sind.

Und wie sieht die Zukunft des VSZV als Landesverband im Südwesten aus?

Valdo Lehari: Gut! Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Wir haben auch Sparmaßnahmen umgesetzt. Natürlich schauen wir, wo es noch effizienter geht. Was aber nicht passieren darf: dass wir die Schlagkraft verlieren. Der Wert des Landesverbandes wird auch von den Mitgliedern sehr anerkannt und gesehen. Wer soll die Lobbyarbeit im Land sonst machen? Da kann man nicht mal kurz aus Brüssel oder aus Berlin einfliegen.

Eine persönliche Frage an den Verbandspolitiker und den Verleger des «Reutlinger General-Anzeigers»: Was motiviert Sie nach so vielen Jahren des Einsatzes noch angesichts der vielen Herausforderungen?

Valdo Lehari: Das beginnt im kleinsten Kreis damit, dass die Familie hinter einem steht. Die zweite Voraussetzung liegt im eigenen Unternehmen. Entscheidend ist drittens, dass die Kollegen in der Branche einem das Vertrauen schenken. Ich fühle zudem eine Verpflichtung, sich um Pressefreiheit und Demokratie zu kümmern – auch angesichts der Erlebnisse meines Großvaters, der von Hitler 1939 enteignet wurde. Ich bin wegen der Demokratie noch nicht in Rente.

ZUR PERSON: Valdo Lehari jr. (71) steht seit mehr als zwei Jahrzehnten an der Spitze des Verbands Südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSZV). Er ist zudem Ehrenvorsitzender im Vorstand des Bundesverbandes BDZV. Lehari ist Verleger und Geschäftsführer des «Reutlinger General-Anzeigers».

Mit freundlicher Genehmigung der dpa.
Herzlichen Dank an Roland Freund.



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