Valdo Lehari kritisiert unterlassene Hilfeleistung der Politik | VSZV Verband Südwestdeutscher Zeitungsverleger e.V.
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Valdo Lehari kritisiert unterlassene Hilfeleistung der Politik

Valdo Lehari kritisiert unterlassene Hilfeleistung der Politik

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Die Zeitungsbranche in Baden-Württemberg gehört noch immer zu den vielfältigsten im Land. Doch der Medienwandel macht auch den Südwest-Verlagen zu schaffen. Dabei wüssten sie, wer helfen könnte. Von Roland Freund, 04.06.2024

Stuttgart (dpa/lsw) – Die Zeitungsverlage im Südwesten werfen der Politik angesichts der Herausforderungen durch den Medienwandel «unterlassene Hilfeleistung» vor. Trotz klarer Hinweise aus der Branche handle die Politik nicht, kritisiert der Verbandsvorsitzende Valdo Lehari (Foto) im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Der Verband südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSZV) trifft sich an diesem Mittwoch in Stuttgart zur Jahresversammlung.

Foto: VSZV

Wie sehen Sie die Lage der Branche – sind Sie mehr oder weniger zuversichtlich als vor einem Jahr?
Valdo Lehari: Im Grunde bin ich eher pessimistischer – und das heißt bei mir schon etwas. Das liegt besonders an der Politik. Die Lage unserer Branche ist dort noch gar nicht richtig angekommen. Das gilt für Berlin wie Brüssel. Es passiert nichts trotz unserer klaren Hinweise, dass die Politik eine verfassungsrechtliche Pflicht zum Handeln für die Zukunft der Presse hat. Das ist für mich unterlassene Hilfeleistung.

Was verlangen Sie von der Politik?
Wir erwarten seit Jahren eine Förderung bei den gestiegenen Kosten der Zustellung gedruckter Zeitungen. Trotz anderer Ankündigungen hat sich da nichts getan. Das schockiert uns. Wir setzen daher unter anderem auf die weitere Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes für gedruckte und digitale Angebote der Verlage. Zur Unterstützung des Wandels wäre auch eine Digitalförderung wichtig.

Sie wollen Subventionen für Ihr Geschäft?
Die Politik muss uns bei der Transformation begleiten wie auch andere Branchen. Dabei ging es uns nie um eine dauerhafte Unterstützung. Die Hilfe für den Wandel brauchen wir zeitlich befristet. Wir standen schon immer für Qualität, Unabhängigkeit und Innovation.

Warum sind da Politik und Staat gefordert?
Die beste Antwort auf Fake News und auf Desinformation ist, dass wir unseren Job machen können, dass Redaktionen eine ökonomische Basis haben und wir Verlage nicht von den Märkten verschwinden. Denn das wäre ein weiterer Schritt in Richtung demokratiefreie Zonen.

Warum sind Sie auch von Brüssel enttäuscht?
Die Kommissionsspitze reagiert nicht auf unsere Anliegen. Unsere Anfragen werden nicht beantwortet. Zudem gibt es zwar Ansätze zur Regulierung der großen Digitalplattformen. Aber die existierenden Werkzeuge sind nicht genug im Sinne einer robusten Durchsetzung inklusive einer möglichen Entflechtung der großen Technologie-Konzerne wie Google.

Es gibt in Ostdeutschland schon Regionen ohne Zustellung einer gedruckten Zeitung. Ist das auch in Baden-Württemberg der Fall oder ist es zu befürchten?
Wir haben als Verband keine Informationen, dass es im Südwesten so etwas schon gibt. Wegen der dichten Besiedlung wird es hier wohl noch am längsten dauern. Aber ich schließe nicht aus, dass es kommt. Das ist eine wirtschaftliche Frage für die Verlage. Sie müssen es bezahlen können. Und vor allem müssen sie Menschen finden, die Zeitungen austragen.

Es gab angesichts der Branchenlage zuletzt immer wieder Übernahmen und Kooperationen unter Verlagen. Wie wird das weitergehen?
Es wird keinen Stopp geben. Wenn die ökonomischen Rahmenbedingungen so bleiben, muss man respektieren, wenn sich eigenständige Verlegerfamilien zurückziehen für einen Verkauf oder stärkere Kooperationen bevorzugen. Das Entscheidende ist dabei, dass Kooperationsmodelle oft gezeigt haben, dass sie Vielfalt erhalten, weil sie Zeitungstitel vor Ort sichern. Diese Vielfalt gehört nach wie vor zur DNA Baden-Württembergs.

ARD und ZDF schließen sich bei der Entwicklung von Technologie für ihre Mediatheken zusammen. Und sie wollen das auf einer Open-Source-Basis machen, sodass die Software auch für andere Medien zur Nutzung offen ist. Werden Verlage dieser Einladung folgen?
Wir sollten zunächst einmal gar nichts ausschließen. Aber die Spielregeln müssen klar sein. Und da ist auch grundsätzlich die Frage: Gehört es zum öffentlich-rechtlichen Auftrag, Technologie zu betreiben? Doch vor allem müssen erst alle anderen Baustellen mit den Öffentlich-Rechtlichen geklärt sein.

Welche Baustellen meinen Sie, zum Beispiel den Streit um die Presseähnlichkeit? Sie beklagen da seit Langem, öffentlich-rechtliche Angebote seien im Netz zu textlastig und eine nicht erlaubte Konkurrenz.
Genau. Da sind wir gezwungen, nach Brüssel und vor Gericht zu ziehen, weil wir keine Einigkeit erzielen. Angesichts solcher Auseinandersetzungen kann ich mir nicht vorstellen, dass man jetzt technologisch Hurra schreit und sagt: „Da machen wir sofort mit!“ Das sind ganz klare Voraussetzungen, die erst erledigt werden müssen, auch als vertrauensbildende Maßnahmen.

Valdo Lehari (70) steht seit mehr als zwei Jahrzehnten an der Spitze des VSZV. Er sitzt zudem als Ehrenmitglied im Vorstand des Bundesverbandes BDZV. Lehari ist Verleger und Geschäftsführer des «Reutlinger General-Anzeigers». Der VSZV ist die Interessenvertretung der baden-württembergischen Tageszeitungsverlage. Dem Verband gehören 49 von 50 selbstständigen Tageszeitungsverlagen im Südwesten an und eine Redaktionsgesellschaft.

© dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH



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